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 Letzte Aktualisierung dieser Seite am: 18.9.2000

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Haus Schotteck

Eine der wenigen Villen, die bis heute stehen blieben, ist die Villa Schotteck. Sie steht wenige Meter neben der Villa Lesmona, an der Straße "Am Kapellenberg". Der Baumwollkaufmann Ludwig Knoop ließ die Villa im Jahre 1892/94 für seine Tochter Adele und seinem Schwiegersohn, den Bankier Johann Georg Wolde errichten. Den Namen "Schotteck" bekam das Haus, weil sein Besitzer Georg Wolde, der Schwiegersohn Ludwig Knoops, so sparsam wie ein Schotte gewesen sein soll und daher auch "Schotte Wolde" genannt wurde. Georg Wolde stammte aus einer alten Bremer Familie, die Ende des 18. Jahrgunderts von Celle nach Bremen übersiedelte und hier 1794 mit einem Teilhaber die Geldwechselfirma Schulze & Wolde gründete. Im Jahre 1929 fusionierte das mitlerweile zu einer Bank gewordene Unternehmen mit der Deutschen Bank. 1930 wurde die Firma, die bis dahin 136 Jahre bestanden hatte, aus dem Handelsregister gelöscht.

Einem Martin Wolde wurde 1843 die goldene Senatsmedaille verliehen, weil er 1862 die Erweiterung der Eisenbahnstrecke Wunsdorf-Bremen bis Bremerhaven zur Hälfte finanzierte.

 


Die Villa Schotteck heute

 

Nach dem Ankauf des Areals vor dem heutigen Haus Schotteck im Jahre 1878 ließ Knoop die Villa Schotteck errichten.

1872 heiratete Johann Georg Wolde seine Verlobte Adele geb. Knoop und wohnte mit ihr in Schloß Mühlentahl, dem Sommersitz seines Schwiegervaters Ludwig Knoop, bevor sie 1895 in die Villa Schotteck zogen.

Die Pläne für den Bau der Villa Schotteck wurden durch die Berliner Architekten Reimers und Körte gefertigt. Die Holzverzierungen im Innern des Klinkerhauses wurde von dem noch jungen Architekten und Dichter Rudolf Alexander Schröder 1 entworfen und von der Frankfurter Firma Schneider & Hanau gearbeitet. Schröder war der Ansicht, daß die Villa "ein stilloses Haus einer geschmacklosen Zeit sei." Er gestaltete 1910 auch das Rosarium, das heute noch vorhanden ist. Auch die beiden Brunnentröge vor der Terrasse Schottecks, die im barocken Stil mit Girlanden und Lorbeerzweigen verziert wurden und das Seerosenbecken in der Mitte der Tröge, wurden von Schröder entworfen.

 


Das Seerosenbecken hinter Haus Schotteck

 

Damals hatte Schotteck noch ein kirchenähnliches Spitzdach auf der Vorderseite des Hauses, wovon heute jedoch nichts mehr zu sehen ist. Vermutlich wurde das Dach im Krieg beschädigt und darum entfernt.

In der großen Halle der Villa hing ein Gemälde des berühmten Expressionisten Max Liebermann, auf dem der Hausherr Georg Wolde, mit einer Violincello in Szene gesetzt, abgebildet war. Woldes bemühten sich um die "Geistespflege" und hatten häufig bekannte Gäste geladen, zu denen u.a. der Dichter Hugo von Hofmannsthal gehörte.


Haus Schotteck.
Gemalt von Anni Rießland.
(
Bilder der Künstlerin im Heimat-Shop erhältlich).

 

Georg Wolde starb 1911 im Alter von 65 Jahren und seine Frau Adele folgte ihm 1932. Sie hinterließen vier Kinder.

Eines von ihnen war Ludwig Wolde genannt Lutz (1884-1949), der als nobler Humanist, Freund der Antike, und feine Wäger des Wortes bezeichnet wurde und als vielseitig begabt galt. Er schloss sein Studium an der Universität Heidelberg mit dem Dr. der Rechte ab. 1911 gründete er zusammen mit Willy Wiegand die "Bremer Presse", für die er bis 1922 tätig war. 1931 brachte er die Romane "Der gefährliche Weg" und 1934 "Irrtum und Wandlung" heraus, in denen er auch ein wenig auf seine Kindheit in St. Magnus eingeht. Von 1918-1949 übersetzte er antike Texte wie Aischylos, Pindar (grch. Dichter 518-446 v. Chr.), Euripides (grch. Dichter 480-406 v. Chr.) und die Texte der italienischen Schriftsteller Leopardi (ital. Dichter 1798-1837), Pirandello (ital. Schriftsteller 1867-1936) und weitere Werke, mit denen er in die Deutsche und Europäische Literaturgeschichte einging. Zu seinem Freundeskreis gehörten Rudolf Alexander Schröder, Wilhelm Focke, Rainer Maria Rilke, Christian Lahusen und Clara Rilke-Westhoff. Wegen eines Herzfehlers nicht wehrfähig, arbeitete er im 1. Weltkrieg als Übersetzer im Kriegspresseamt in Berlin wo er später auch zusammen mit Julius Meier-Graefe für das Rote Kreuz arbeitete. 1937 heiratete er Marta Carola Kurzer (1905-1989) aus dem schlesischen Pfeilsdorf. Die Ehe blieb kinderlos. Während des Zweiten Weltkrieges flüchtete er nach Österreich wo er in einem bescheidenen Gasthof sein Zuhause fand und wenig später als "Deutschländer" kurzfristig ausgewiesen wurde. So kam er, mitlerweile krank geworden, nach Deutschland, wo er 1949 in Ebenhausen/Bayern starb. Lutz Wolde hatte vor seinem Tod testamentarisch den Nachdruck seiner Gedichte verboten, weil er seinen Fähigkeiten als Lyriker so sehr mißtraute.

Während des Krieges hatte man in der Villa Schotteck eine NSV-Schule eingerichtet. Später wurde daraus eine TBC Klinik und dann eine Auffangstation für Pockenfälle. Heute dient es der "Lebenshilfe" als Heim für Behinderte.


Skulptur im Rosarium, von Rudolf Alexander Schröder

Rudolf Alexander Schröder wurde durch die ruhige Atmosphäre des Hauses zu einem Gedicht inspiriert.

Schotteck

 

Wer weiß nun im Grünen die vielerlei Namen

Der Blumen, der Bäume, der Kräuter, der Samen?

Sie nannten dich alt; aber alt ist nicht alt,

Und das Ende der Weisheit kommt immer zu bald:

 

Wer will nun im Hause die vielen, die Gäste

Bewirten, beschmausen, befreunden aufs beste?

Sie nannten dich alt; aber alt ist nicht alt,

Und das Ende der Weisheit kommt immer zu bald:

 

Wer trägt nun die Tücher, die seidenen, feinen,

Gehängt und Gebräme von Perlen und Steinen?

Sie nannten dich alt; aber alt ist nicht alt,

Und das Ende der Weisheit kommt immer zu bald:

 

Wann war es? Da sind wir noch einmal inmitten

Von Primeln und Veilchen selbander geschritten.

Doch der Frühling ward alt, und der Sommer ward kalt.-

Ach Sommer, dein Ende kommt immer zu bald!

 

Ja, grüßet euch , und herzt euch, und haltet die Hände!

Mit Lieben und Leiden kommt alles zum Ende.

Das Leben träumt: Ewig; die Zeit lächelt: Bald;

Und es altert die Treue.-Doch alt ist nicht alt.

---

 

Rudolf Alexander Schröder, "Weltliche Gedichte" (Auswahl), 1966

 

Bücherlinks zu diesen Themen:

An der Lesum

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Familie Voigt Magnus-Glocke Hof Lesmona
Gästebuch Schreiben Gästebuch Lesen Links Gedicht/ Schröder

Literaturnachweis:

Der Inhalt dieser Seite wurde u.a. aus folgenden Büchern entnommen:
"Altes und Neues aus dem alten St. Magnus", Friedrich Spengemann, St. Magnus 1957.
"Burg-Lesumer Heimatbuch", Heimat- und Verschönerungsverein Burg-Lesum, Druck- und Verlagshaus Friedrich Pörtner,
Bremen-Blumenthal.
"Zwischen Niederweser und Niederelbe", Friedrich Kühlken, Buchdruckerei H. Saade, Osterholz-Scharmbeck 1950.
"Weltliche Gedichte (Auswahl)", Rudolf Alexander Schröder, 1966

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© O. Schoener, 2010