Eine
der wenigen Villen, die bis heute stehen blieben, ist die Villa
Schotteck. Sie steht wenige Meter neben der Villa Lesmona, an
der Straße "Am Kapellenberg". Der Baumwollkaufmann
Ludwig Knoop ließ die Villa
im Jahre 1892/94 für seine Tochter Adele und seinem Schwiegersohn,
den Bankier Johann Georg Wolde errichten. Den Namen "Schotteck"
bekam das Haus, weil sein Besitzer Georg Wolde, der Schwiegersohn
Ludwig Knoops, so sparsam wie ein Schotte gewesen sein soll und
daher auch "Schotte Wolde" genannt wurde. Georg Wolde
stammte aus einer alten Bremer Familie, die Ende des 18. Jahrgunderts
von Celle nach Bremen übersiedelte und hier 1794 mit einem
Teilhaber die Geldwechselfirma Schulze & Wolde gründete.
Im Jahre 1929 fusionierte das mitlerweile zu einer Bank gewordene
Unternehmen mit der Deutschen Bank. 1930 wurde die Firma, die
bis dahin 136 Jahre bestanden hatte, aus dem Handelsregister gelöscht.
Einem Martin Wolde wurde 1843 die goldene
Senatsmedaille verliehen, weil er 1862 die Erweiterung der Eisenbahnstrecke
Wunsdorf-Bremen bis Bremerhaven zur Hälfte finanzierte.
Die Villa Schotteck heute
Nach dem Ankauf des Areals vor dem
heutigen Haus Schotteck im Jahre 1878 ließ Knoop die Villa
Schotteck errichten.
1872 heiratete Johann Georg Wolde seine
Verlobte Adele geb. Knoop und wohnte mit ihr in Schloß Mühlentahl,
dem Sommersitz seines Schwiegervaters Ludwig Knoop, bevor sie
1895 in die Villa Schotteck zogen.
Die Pläne für den Bau der
Villa Schotteck wurden durch die Berliner Architekten Reimers
und Körte gefertigt. Die Holzverzierungen im Innern des Klinkerhauses
wurde von dem noch jungen Architekten und DichterRudolf Alexander Schröder1
entworfen und von der Frankfurter Firma Schneider & Hanau
gearbeitet. Schröder war der Ansicht, daß die Villa
"ein stilloses Haus einer geschmacklosen Zeit sei."
Er gestaltete 1910 auch das Rosarium, das heute noch vorhanden
ist. Auch die beiden Brunnentröge vor der Terrasse Schottecks,
die im barocken Stil mit Girlanden und Lorbeerzweigen verziert
wurden und das Seerosenbecken in der Mitte der Tröge, wurden
von Schröder entworfen.
Das
Seerosenbecken hinter Haus Schotteck
Damals hatte Schotteck noch ein kirchenähnliches
Spitzdach auf der Vorderseite des Hauses, wovon heute jedoch nichts
mehr zu sehen ist. Vermutlich wurde das Dach im Krieg beschädigt
und darum entfernt.
In der großen Halle der Villa
hing ein Gemälde des berühmten Expressionisten Max Liebermann,
auf dem der Hausherr Georg Wolde, mit einer Violincello in Szene
gesetzt, abgebildet war. Woldes bemühten sich um die "Geistespflege"
und hatten häufig bekannte Gäste geladen, zu denen u.a.
der Dichter Hugo von Hofmannsthal gehörte.
Haus
Schotteck. Gemalt von Anni Rießland. (Bilder der
Künstlerin im Heimat-Shop erhältlich).
Georg Wolde starb 1911 im Alter von
65 Jahren und seine Frau Adele folgte ihm 1932. Sie hinterließen
vier Kinder.
Eines von ihnen war Ludwig
Wolde genannt Lutz (1884-1949), der als nobler Humanist, Freund
der Antike, und feine Wäger des Wortes bezeichnet wurde und
als vielseitig begabt galt. Er schloss sein Studium an der Universität
Heidelberg mit dem Dr. der Rechte ab. 1911 gründete er zusammen
mit Willy Wiegand die "Bremer
Presse", für die er bis 1922 tätig war. 1931
brachte er die Romane "Der gefährliche Weg" und
1934 "Irrtum und Wandlung" heraus, in denen er auch
ein wenig auf seine Kindheit in St. Magnus eingeht. Von 1918-1949
übersetzte er antike Texte wie Aischylos, Pindar (grch. Dichter
518-446 v. Chr.), Euripides (grch. Dichter 480-406 v. Chr.) und
die Texte der italienischen Schriftsteller Leopardi
(ital. Dichter 1798-1837), Pirandello (ital. Schriftsteller 1867-1936)
und weitere Werke, mit denen er in die Deutsche und Europäische
Literaturgeschichte einging. Zu seinem Freundeskreis gehörten
Rudolf Alexander Schröder, Wilhelm Focke, Rainer Maria Rilke,
Christian Lahusen und Clara Rilke-Westhoff. Wegen eines Herzfehlers
nicht wehrfähig, arbeitete er im 1. Weltkrieg als Übersetzer
im Kriegspresseamt in Berlin wo er später auch zusammen mit
Julius Meier-Graefe für das Rote Kreuz arbeitete.
1937 heiratete er Marta Carola Kurzer (1905-1989) aus dem schlesischen
Pfeilsdorf. Die Ehe blieb kinderlos. Während des Zweiten
Weltkrieges flüchtete er nach Österreich wo er in einem
bescheidenen Gasthof sein Zuhause fand und wenig später als
"Deutschländer" kurzfristig ausgewiesen wurde.
So kam er, mitlerweile krank geworden, nach Deutschland, wo er
1949 in Ebenhausen/Bayern starb. Lutz Wolde hatte vor seinem Tod
testamentarisch den Nachdruck seiner Gedichte verboten, weil er
seinen Fähigkeiten als Lyriker so sehr mißtraute.
Während des Krieges hatte man
in der Villa Schotteck eine NSV-Schule eingerichtet. Später
wurde daraus eine TBC Klinik und dann eine Auffangstation für
Pockenfälle. Heute dient es der "Lebenshilfe" als
Heim für Behinderte.
Skulptur
im Rosarium, von Rudolf Alexander Schröder
Rudolf Alexander Schröder wurde
durch die ruhige Atmosphäre des Hauses zu einem Gedicht inspiriert.
Schotteck
Wer weiß nun im Grünen die
vielerlei Namen
Der Blumen, der Bäume, der Kräuter,
der Samen?
Sie nannten dich alt; aber alt ist
nicht alt,
Und das Ende der Weisheit kommt immer
zu bald:
Wer will nun im Hause die vielen, die
Gäste
Bewirten, beschmausen, befreunden aufs
beste?
Sie nannten dich alt; aber alt ist
nicht alt,
Und das Ende der Weisheit kommt immer
zu bald:
Wer trägt nun die Tücher,
die seidenen, feinen,
Gehängt und Gebräme von Perlen
und Steinen?
Sie nannten dich alt; aber alt ist
nicht alt,
Und das Ende der Weisheit kommt immer
zu bald:
Wann war es? Da sind wir noch einmal
inmitten
Von Primeln und Veilchen selbander
geschritten.
Doch der Frühling ward alt, und
der Sommer ward kalt.-
Ach Sommer, dein Ende kommt immer zu
bald!
Ja, grüßet euch , und herzt
euch, und haltet die Hände!
Mit Lieben und Leiden kommt alles zum
Ende.
Das Leben träumt: Ewig; die Zeit
lächelt: Bald;
Und es altert die Treue.-Doch alt ist
nicht alt.
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Rudolf Alexander Schröder, "Weltliche
Gedichte" (Auswahl), 1966
Der Inhalt dieser Seite
wurde u.a. aus folgenden Büchern entnommen: "Altes
und Neues aus dem alten St. Magnus", Friedrich Spengemann,
St. Magnus 1957. "Burg-Lesumer Heimatbuch",
Heimat- und Verschönerungsverein Burg-Lesum, Druck- und Verlagshaus
Friedrich Pörtner, Bremen-Blumenthal. "Zwischen Niederweser und Niederelbe", Friedrich
Kühlken, Buchdruckerei H. Saade, Osterholz-Scharmbeck 1950. "Weltliche Gedichte (Auswahl)", Rudolf Alexander
Schröder, 1966
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