Kurios ist die Geschichte der alten Villa Krähnholm, die ihr Aussehen und den
Standort wechselte.
Krähnholm wurde 1896/97 von den Architekten Eduard Gildemeister (1848-1946) und W. Sunkel für den Kaufmann Heinrich Wilhelm Kulenkampff (1852-1929) und seiner Frau Emilie geb. Knoop (1858-1920) erbaut. Die Villa stand ursprünglich hinter dem heutigen Bahnhof St. Magnus, in einem kleinen Waldstück, nahe der ehemaligen B74. Nach Auszug der Familie Kulenkampff wurde Krähnholm als NSV-Gauschule, danach als Kinderheim und zuletzt als Altenheim genutzt. 1971 musste das Haus dem Neubau der B74 weichen.
Einige Heimatfreunde setzten sich für den Erhalt des Hauses ein, konnten aber einen Abbruch des Hauses nicht verhindern. Sie organisierten einen Abbau, wobei Teile des Hauses 1971 zum heutigen Standort gebracht wurden, wo sie bis zum Wiederaufbau im Jahre 1978 lagerten. Viele Elemente der Inneneinrichtung sind noch erhalten geblieben. Sie wurden in das damals
frisch renovierte Haus Blomendal gebracht, wie etwa: die verzierte Treppenanlage, kunstvoll gearbeitete Holzträger, diverse Türen, ein englischer Majolika-Kachelofen, ein überdimensionaler Küchenschrank, Eckschränke und Wandverkleidungen uvm. Die geschnitzten Holzbalken und Intarsien wurden aus Baumstämmen gefertigt, die Knoop angeblich in baltischen Wäldern schlagen und nach eigenen Ideen verzieren ließ.
Erst 1978 bewilligte die Stadt Bremen Gelder für den Wiederaufbau des Hauses Krähnholm an der Ecke "Raschenkamps Weg" und "Auf dem Hohen Ufer" –seinem heutigen Standort. Für den Neubau des Hauses sind nur wenige Teile der alten Villa verwendet worden. Wenn man mit alten Fotos um das Haus geht, und die alten Fotos mit der Gegenwart vergleicht, wird man den ehemaligen Zustand kaum wiederfinden, denn das Erdgeschoss und die Erker und Fenster in den oberen Etagen fehlen. Viele Teile des Hauses, wie z.B. das Erdgeschoss, konnten nicht mehr verwendet werden, und ein Wiederaufbau in seiner alten Größe wäre zu teuer geworden.
Seinen Ursprung hat der Name "Krähnholm" in der estländischen Stadt Narva, in der eine kleine Insel existiert, die vom Narva-Fluss umgeben ist und die in der estnischen Schreibweise "Kreenholm" geschrieben wird. Auf dieser Insel gründete der Bremer Kaufmann Ludwig Knoop 1857 eine Baumwoll-Manufaktur –die "Krenholm Manufacture Society Ltd".
Knoop gilt als Begründer der Industrialisierung der russischen Textilindustrie, wobei es dort schon vor ihm traditionelle Textilfabriken gab. An der Umsetzung seiner Visionen einer textilverarbeitenden Großindustrie waren auch andere Kaufleute beteiligt, darunter einheimische Kaufleute vor Ort, die ihr Geld und ihren Einfluss nutzten, um das Vorhaben Knoops zu unterstützen. Der geschäftliche Erfolg erforderte ebenfalls eine ständige Erweiterung der Baumwollmanufaktur. Erst 1899, also 5 Jahre nach Knoops Tod, wurde das Werk fertiggestellt.
Krähnholm gehörte zu den größten und modernsten Baumwollmanufakturen weltweit und beschäftigte bis zu 12.000 Arbeiter, die an 320.000 Spulen und 22.000 Webstühlen Baumwollprodukte produzierten. Die technische Ausstattung war auf dem neuesten Stand und suchte seinerzeit seinesgleichen. Die Kraft des Narva-Flusses trieb Turbinen an, die Strom produzierten. Der Strom wurde sogar an die Stadt Narva geliefert, die bis dahin noch keine elektrische Beleuchtung hatte. Ein eigens errichtetes Gaswerk wandelte Steinkohle zu Gas um, das für die Beleuchtung und Beheizung verwendet wurde.
Knoop hatte allein für seine Arbeiter 21 Kasernen bauen lassen, in der sie für eine symbolische Miete wohnen konnten. Krähnholm hatte eine eigene Schule, ein Krankenhaus, Kindergarten, Waschhäuser, eine Bäckerei, Post, Polizei und sogar zwei Kirchen. Ein deutscher Volkswirtschaftler beschrieb
Krähnholm als "ein bisschen wie England auf russischem Boden".
Knoop hatte bald das Monopol für Baumwoll-Garne, war Teilhaber unzähliger Firmen, deren Gründung er selbst finanziell unterstützte und wurde unvorstellbar reich. Man verglich ihn schon damals mit John D. Rockefeller, einem der reichsten Menschen der Neuzeit. In Russland hatte sich damals das Sprichwort etabliert: "Keine Kaserne ohne Wanzen, keine Kirche ohne Pop(e), keine Fabrik ohne Knoop".
Im russischen reimt sich der Satz.
Ludwig Knoop war der Vater von Emilie Kulenkampff, der Besitzerin der Villa Krähnholm in St. Magnus. Er kaufte um 1859 das Landgut "Mühlenthal", einen Landsitz, der im verträumten Bauerndorf St. Magnus lag und aus zwei kleinen Landhäusern bestand. 1869 wurden die Häuser abgerissen und ein großes Schloss im Tudorstil gebaut. 1878 kaufte er das alte Dorf St. Magnus, wobei die alten Bauernhäuser, Scheunen und Ställe an die Hauptstraße verrückt wurden. Man sprach daher von einem "verrückten Dorf" und meinte dabei nicht den geistigen Zustand seiner Einwohner. Auf dem Areal des alten Dorfes wurden dann die Villen "Schotteck" und "Albrechtsburg" für Knoops
Töchter und Schwiegersöhne errichtet.
Einige Jahre führten Knoops Söhne und Neffen das Unternehmen in Narva fort, konnten aber den Untergang Krähnholms nicht aufhalten. Nach dem 1. Weltkrieg und der Oktoberrevolution in Russland, um 1919, war der Betrieb fast zum Erliegen gekommen. Im 2. Weltkrieg wurden Teile der Fabrik ausgebombt, nach dem Krieg aber wieder aufgebaut. 1944 wurde Estland von Russland besetzt und die Manufaktur verstaatlicht, wobei der Betrieb "planmäßig" weiterging. Die Werksgebäude sind bis heute vorhanden, zuletzt genutzt von einem schwedischen Konzern. Im Jahre 2010 wurde die "Krenholm Manufacturing Company", wie die Firma zuletzt hieß, insolvent und der Betrieb wurde eingestellt. Für beide "Krähnholms" war das Jahr 2010 ein Schicksalsjahr mit ungewisser Zukunft.
Für "unser" Krähnholm gab es 2010 ein "Happy End". Es wurde an die neugegründete Krähnholm-Stiftung verkauft, die dem Haus und den anderen historischen Gebäuden auf dem Areal in St. Magnus ein modernes Innenleben gab. Die Zukunft des Werkes in Estland ist noch ungewiss. Einige Investoren wollen aus dem Areal ein "Venedig des Nordens" erschaffen, wobei die Fabrikhallen zu Wohnungen und Geschäften umgebaut und das Ufer des Flusses zu einer Flaniermeile umgestaltet werden sollen.
Am Eingang zur Villa Krähnholm lesen wir auf einem der Balken über dem Eingang die Aufschrift: "Wilhelm und Emilie Kulenkampff geb. v. Knoop" –das "v" = von ist jedoch falsch. Emilie war zwar eine Baronin Knoop, doch fehlte das in Deutschland übliche "von" in ihrem Namen. Emilies Vater, Ludwig Knoop, wurde zwar vom russischen Zaren für seine verdienstvolle Arbeit am Aufbau der russischen Textilindustrie zum Baron ernannt, jedoch ohne das "von", denn in Russland gibt es das adlige "von" nicht.
Das Landgut Kränholm besteht heute aus drei Gebäuden. Das Obergärtnerhaus
direkt an der Straße, heute Kunstcafé, wurde einst vom Obergärtner Tillery
bewohnt, der zu Zeiten Ludwig Knoops die Aufsicht für den Park und seine
Gärtner hatte. Die alte Scheune, die heute als Konzert-Halle und für
Veranstaltungen genutzt wird, ist ebenfalls "hergewandert". Sie gehörte der
Familie Wolf aus Lesumbrok und stand in der Nähe des Sperrwerks. Die Scheune wurde
vor der Übernahme durch die Stiftung Haus Kränholm ebenfalls vom Gartenbauamt genutzt.
Unterschiedlich sind die verschiedenen Schreibweisen von Krähnholm. In Estland wird der Name mit doppeltem "e", also „Kreenholm“ geschrieben.
Da Estland auch mal schwedisch beeinflusst war, findet man gelegentlich auch die Schreibweise mit nur einem "e". Die deutsche Schreibweise mit "ä" hat sich schon lange etabliert, obwohl sie falsch ist. In der deutschen Sprache müsste dem "ä" ein "h" folgen oder es müsste noch richtiger eigentlich Krähenholm heißen.
Warum sich die falsche Schreibweise durchgesetzt hat, wonach auch eine Straße und eine Haltestelle mit der Schreibweise benannt wurden, ist unklar.
Die Fabrik zu Zeiten von Knoop verwendete in ihrer deutschen Ausgabe einer Jubiläums-Chronik die Schreibweise mit "äh".
Kränholm heute
Die heutige Kränholm-Stiftung hat die Schreibweise ohne "h" übernommen –man kann bei dieser Schreibweise auch von "Künstlerischer Freiheit" sprechen, eben jene Freiheit, die auch die Künstler für ihre Kunstwerke beanspruchen, die heute im Haus Kränholm, dem Kunstcafé und in der Scheune ihren Platz haben –denn, um die Kunst und Kultur zu fördern und ihr einen Ort zu geben, wurde die Stiftung gegründet. Die übrigen Gebäude hat die Stiftung ebenfalls übernommen: Die Scheune wurde zu einer Multifunktionshalle und das Obergärtnerhaus zu einem Kunstcafé umgebaut.
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