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 Letzte Aktualisierung dieser Seite am: 11.9.2000

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Raschens Werft und der Walfang

 

 

Zu den wenigen historischen Häusern, die bis heute erhalten blieben, gehört auch die ehemalige Werft des Schiffzimmermeisters und Werftgründers Henrich Raschen. Er errichtete 1776 zusammen mit seinem Sohn Hinrich am heutigen Admiral-Brommy-Weg eine Schiffswerft, wo im Laufe ihres Bestehens ca. 100 Schiffe gebaut wurden.

In Bremen fuhren damals fünf Schiffe unter dem Namen Lesmona. Davon wurden zwei der Schiffe auf Raschens Werft gebaut -eine Bark und ein Schoner. Der Schoner lief erst 1829 nach 3 Jahren Bauzeit vom Stapel. Er wurde für die Bremer Kaufleute Fredrich und Eberhard Delius und Carl Frank gebaut und war mit neun Mann Besatzung ausgestattet. Hinzu kam der Kapitän Carl Frank, der auch Mitinhaber des Schiffes war. Der älteste des Schiffes war der 39jährige Ritterhuder Matrose Christoph Arpar. Die übrige Besatzung war nicht älter als 29 Jahre. Der Käpitän Carl Frank (27), sein Bootsmann (27) und der Koch (29). Der Jüngste an Bord war der St. Magnuser Bootsjunge Christian Raschen (14). Die Bark lief 1870 als letztes Schiff der Werft vom Stapel und wurde in der Ostindien- und Chinafahrt eingesetzt, wo es schon 1875 in chinesischen Gewässern unterging. Seine 14-Mann Besatzung konnte jedoch gerettet werden.

 

Um 1786 wurde auf Raschens Werft das ehemalige Fracht-Segelschiff "König Georg III" zu einem Walfänger umgebaut. 1787 stach der er mit dem Kommandeur Franz Fennekohl aus St. Magnus in See. Nach 3 erfolgreichen Monaten Waljagd, kehrte das Schiff mit 2 erlegten Walen, die 174 Tonnen Tran brachten, in seine Heimat zurück. 1838 erlegte die Besatzung 12 Wale und 3700 Robben. Der Lesumer Pastor Hoops berichtet von einem Schiff, daß 1850 nach nur drei Monaten Robbenjagd, stattliche 11.000 Robben mitbrachte.

Der Professor Dr. Adam Storck beschreibt den kleinen Ort St. Magnus und seine Einwohner in seinem Buch "Ansichten der Freien Hansestadt Bremen und ihrer Umgebung." Storck der an der Schwindsucht erkrankt war, verlebte hier den letzten Sommer seines Lebens. Er kam nach St. Magnus, weil er sich Linderung von seiner Krankheit erhoffte und war hier mit der Vollendung
seines letzten Buches beschäftigt.

"Auf den Höhen, wo einst der Stammsitz der uralten Grafen von Lesmon sich erhoben, wo einst der Lieblingsaufenthalt des Erzbischofs Adalbert war, deren längst in dem Strom der Zeiten untergegangene Wohnungen kein Stein und keine Trümmer bezeichnen, liegt nun mit verstreuten ländlichen Hütten, im Schatten von Obst- und wilden Bäumen, das Dorf St. Magnus, dessen Bewohner eben so wie den Boden das Meer durchpflügen, zugleich sich den Wellen der See als Westindienschiffer und Grönlandfahrer anvertrauen, im Frühling und Sommer den Walfischen nachtrachten und im herbst das Getreide einfahren..."

Die Grönlandfahrten waren sehr gefahrvoll und brachten viele Opfer mit sich. Nach einem Sturm im Jahre 1825 wurde der Walfänger "Patriot Gloystein" von der See verschluckt. Keiner der Besatzung kehrte jemals wieder in seine Heimat zurück. Allein in Mittelsbühren wurden 15 Männer vermisst. Der Walfänger "Der Harpunier" folgte im Jahre 1826 den Spuren der "Patriot Gloystein" und kehrte ebenfalls nicht zurück. Diesmal kamen die Opfer aus St. Magnus, Mittelsbühren, Grambke und von der Dunge. In Lesum wurde eine Witwen- und Waisenkasse eingerichtet, die den Hinterbliebenen eine kleine Pension auszahlte.

"...von einem günstigen Fang hängt vielfach der Jahreserwerb des baaren Geldes ab. Ihre Toten werfen sie auf der Fahrt nicht ins Meer. Mit rührender Pietät hat vor einigen Jahren ein St. Magnuser Grönlandfahrer einen Hausvater, der schon auf der Hinreise gestorben war, auf dem Schiffe behalten und ihn nach vollendetem Robbenschlag und Walfischfang zurückgebracht, damit er unter seinem Volke ruhen möge."

Im Jahre 1814 hatte der englische Ingenieur George Stephenson die erste brauchbare Dampflokomotive gebaut, die schon 1835 das erste Mal auch in Deutschland zwischen Nürnberg und Fürth verkehrte. Der Schiffbaumeister Johann Raschen arbeitete auf der Werft seines Schwagers Johann Lange und war so inspiriert von der Erfindung, daß er einige Studiensreisen in die Heimat des englischen Erfinders unternahm und wenig später an dem Modell einer Lokomotive werkelte. Schon 1837 hatte er auf der Werft seines Schwagers Johann Lange, einen straßengeeigneten "Feuerwagen" fertiggestellt und ließ ihn, vorbei an begeisterten Zuschauern, durch Vegesack zischen.

Aufgrund der allgemeinen schlechten Lage mußte die Raschens Werft im Jahre 1843 Konkurs anmelden. In dem "Intelligenzblatt" von 1842 ist darüber zu lesen:

" Das zur Concurs-Masse des Schiffsbaumeisters Hinrich Raschen zu St. Magnus gehörende, an der Lesum, etwa eine halbe Stunde von Vegesack, sehr angengehm belegene Wohnwesen, zu welchem zwei gut eingerichtete Wohnhäuser, mehrere Ställe und sonstige Nebengebäude gehören, ferner die dabei befindliche, an der Lesum belegene Schiffs-Werfte und circa 6 Morgen Garten- und Ackerland, sollen bis Michaelis d. J., im Termine Freitag, den 11. März d. J., Morgens 10 Uhr, an Ort und Stelle zu St. Magnus, öffentlich meistbietend verpachtet werden.

Weiterhin geht aus dem Artikel hervor, daß der Grundbesitz Hinrich Raschens eine Länge von 900 Fuß hatte.

Noch drei Mal wechselte die Werft im Laufe der Jahrzehnte den Besitzer. Nach Fertigstellung des letzten Schiffes 1870 wurden die Arbeitsgebäude der Werft abgebrochen. Nur das Hauptgebäude blieb stehen. Später diente es als Hofmeierhaus für den Landsitz des Senators Otto Flohr. In der Straße "Am Kapellenberg" Ecke "Pumpenstraße" steht hinter dem alten Pumpenhaus gelegen das ehemalige Haus von J. Bothe. In einem Querbalken über dem Eingang erinnert eine Inschrift an seinen früheren Besitzer Hinrich Raschen. "Hinrich Raschen, Gesche Raschen, den 24. Julius 1784" heißt es in der Inschrift.

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Literaturnachweis:

Der Inhalt dieser Seite wurde u.a. aus folgenden Büchern entnommen:
"Altes und Neues aus dem alten St. Magnus", Friedrich Spengemann, St. Magnus 1957.
"Burg-Lesumer Heimatbuch", Heimat- und Verschönerungsverein Burg-Lesum, Druck- und Verlagshaus Friedrich Pörtner,
Bremen-Blumenthal.
"An der Lesum", Arendt und Gerhard Schmolze, Johann Heinrich Döll Verlag Bremen, 1985

"Ansichten der Freien Hansestadt Bremen", Adam Storck, 1822

 

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© O. Schoener, 2010