Zu den wenigen historischen Häusern,
die bis heute erhalten blieben, gehört auch die ehemalige
Werft des Schiffzimmermeisters und Werftgründers Henrich
Raschen. Er errichtete 1776 zusammen mit seinem Sohn Hinrich am
heutigen Admiral-Brommy-Weg eine Schiffswerft, wo im Laufe ihres
Bestehens ca. 100 Schiffe gebaut wurden.
In Bremen fuhren damals fünf Schiffe
unter dem Namen Lesmona. Davon wurden zwei der Schiffe auf Raschens
Werft gebaut -eine Bark und ein Schoner. Der Schoner lief erst
1829 nach 3 Jahren Bauzeit vom Stapel. Er wurde für die Bremer
Kaufleute Fredrich und Eberhard Delius und Carl Frank gebaut und
war mit neun Mann Besatzung ausgestattet. Hinzu kam der Kapitän
Carl Frank, der auch Mitinhaber des Schiffes war. Der älteste
des Schiffes war der 39jährige Ritterhuder Matrose Christoph
Arpar. Die übrige Besatzung war nicht älter als 29 Jahre.
Der Käpitän Carl Frank (27), sein Bootsmann (27) und
der Koch (29). Der Jüngste an Bord war der St. Magnuser Bootsjunge
Christian Raschen (14). Die Bark lief 1870 als letztes Schiff
der Werft vom Stapel und wurde in der Ostindien- und Chinafahrt
eingesetzt, wo es schon 1875 in chinesischen Gewässern unterging.
Seine 14-Mann Besatzung konnte jedoch gerettet werden.
Um 1786 wurde auf Raschens Werft das
ehemalige Fracht-Segelschiff "König Georg III"
zu einem Walfänger umgebaut. 1787 stach der er mit dem Kommandeur
Franz Fennekohl aus St. Magnus in See. Nach 3 erfolgreichen Monaten
Waljagd, kehrte das Schiff mit 2 erlegten Walen, die 174 Tonnen
Tran brachten, in seine Heimat zurück. 1838 erlegte die Besatzung
12 Wale und 3700 Robben. Der Lesumer Pastor Hoops berichtet von
einem Schiff, daß 1850 nach nur drei Monaten Robbenjagd,
stattliche 11.000 Robben mitbrachte.
Der Professor Dr. Adam Storck beschreibt
den kleinen Ort St. Magnus und seine Einwohner in seinem Buch
"Ansichten der Freien Hansestadt Bremen und ihrer Umgebung."
Storck der an der Schwindsucht erkrankt war, verlebte hier den
letzten Sommer seines Lebens. Er kam nach St. Magnus, weil er
sich Linderung von seiner Krankheit erhoffte und war hier mit
der Vollendung seines letzten Buches beschäftigt.
"Auf den Höhen,
wo einst der Stammsitz der uralten Grafen von Lesmon sich erhoben,
wo einst der Lieblingsaufenthalt des Erzbischofs Adalbert war,
deren längst in dem Strom der Zeiten untergegangene Wohnungen
kein Stein und keine Trümmer bezeichnen, liegt nun mit verstreuten
ländlichen Hütten, im Schatten von Obst- und wilden
Bäumen, das Dorf St. Magnus, dessen Bewohner eben so wie
den Boden das Meer durchpflügen, zugleich sich den Wellen
der See als Westindienschiffer und Grönlandfahrer anvertrauen,
im Frühling und Sommer den Walfischen nachtrachten und im
herbst das Getreide einfahren..."
Die Grönlandfahrten waren sehr
gefahrvoll und brachten viele Opfer mit sich. Nach einem Sturm
im Jahre 1825 wurde der Walfänger "Patriot Gloystein"
von der See verschluckt. Keiner der Besatzung kehrte jemals wieder
in seine Heimat zurück. Allein in Mittelsbühren wurden
15 Männer vermisst. Der Walfänger "Der Harpunier"
folgte im Jahre 1826 den Spuren der "Patriot Gloystein"
und kehrte ebenfalls nicht zurück. Diesmal kamen die Opfer
aus St. Magnus, Mittelsbühren, Grambke und von der Dunge.
In Lesum wurde eine Witwen- und Waisenkasse eingerichtet, die
den Hinterbliebenen eine kleine Pension auszahlte.
"...von einem
günstigen Fang hängt vielfach der Jahreserwerb des baaren
Geldes ab. Ihre Toten werfen sie auf der Fahrt nicht ins Meer.
Mit rührender Pietät hat vor einigen Jahren ein St.
Magnuser Grönlandfahrer einen Hausvater, der schon auf der
Hinreise gestorben war, auf dem Schiffe behalten und ihn nach
vollendetem Robbenschlag und Walfischfang zurückgebracht,
damit er unter seinem Volke ruhen möge."
Im Jahre 1814 hatte der englische Ingenieur
George Stephenson die erste brauchbare Dampflokomotive gebaut,
die schon 1835 das erste Mal auch in Deutschland zwischen Nürnberg
und Fürth verkehrte. Der Schiffbaumeister Johann Raschen
arbeitete auf der Werft seines Schwagers Johann Lange und war
so inspiriert von der Erfindung, daß er einige Studiensreisen
in die Heimat des englischen Erfinders unternahm und wenig später
an dem Modell einer Lokomotive werkelte. Schon 1837 hatte er auf
der Werft seines Schwagers Johann Lange, einen straßengeeigneten
"Feuerwagen" fertiggestellt und ließ ihn, vorbei
an begeisterten Zuschauern, durch Vegesack zischen.
Aufgrund der allgemeinen schlechten
Lage mußte die Raschens Werft im Jahre 1843 Konkurs anmelden.
In dem "Intelligenzblatt" von 1842 ist darüber
zu lesen:
" Das zur Concurs-Masse des
Schiffsbaumeisters Hinrich Raschen zu St. Magnus gehörende,
an der Lesum, etwa eine halbe Stunde von Vegesack, sehr angengehm
belegene Wohnwesen, zu welchem zwei gut eingerichtete Wohnhäuser,
mehrere Ställe und sonstige Nebengebäude gehören,
ferner die dabei befindliche, an der Lesum belegene Schiffs-Werfte
und circa 6 Morgen Garten- und Ackerland, sollen bis Michaelis
d. J., im Termine Freitag, den 11. März d. J., Morgens 10
Uhr, an Ort und Stelle zu St. Magnus, öffentlich meistbietend
verpachtet werden.
Weiterhin geht aus dem Artikel hervor,
daß der Grundbesitz Hinrich Raschens eine Länge von
900 Fuß hatte.
Noch drei Mal wechselte die Werft im
Laufe der Jahrzehnte den Besitzer. Nach Fertigstellung des letzten
Schiffes 1870 wurden die Arbeitsgebäude der Werft abgebrochen.
Nur das Hauptgebäude blieb stehen. Später diente es
als Hofmeierhaus für den Landsitz des Senators Otto Flohr.
In der Straße "Am
Kapellenberg" Ecke "Pumpenstraße" steht hinter
dem alten Pumpenhaus gelegen das ehemalige Haus von J. Bothe.
In einem Querbalken über dem Eingang erinnert eine Inschrift
an seinen früheren Besitzer Hinrich Raschen. "Hinrich
Raschen, Gesche Raschen, den 24. Julius 1784" heißt
es in der Inschrift.
Der Inhalt dieser Seite
wurde u.a. aus folgenden Büchern entnommen: "Altes
und Neues aus dem alten St. Magnus", Friedrich Spengemann,
St. Magnus 1957. "Burg-Lesumer Heimatbuch",
Heimat- und Verschönerungsverein Burg-Lesum, Druck- und Verlagshaus
Friedrich Pörtner, Bremen-Blumenthal. "An der Lesum", Arendt und Gerhard Schmolze,
Johann Heinrich Döll Verlag Bremen, 1985 "Ansichten
der Freien Hansestadt Bremen", Adam Storck, 1822
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